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Ein Hirnschlag ist immer ein Notfall

Ein Hirnschlag ist immer ein Notfall

Jede Minute zählt. Dr. med. Roland Backhaus vom Stroke Center Hirslanden Zürich, Neurozentrum Bellevue, erklärt die moderne Schlaganfallversorgung.
Ziel aller Bemühungen in der Akutphase der Schlaganfallversorgung ist, den weiteren Untergang von Hirngewebe durch Sauerstoff- und Nährstoffmangel aufzuhalten. Deshalb ist jeder Hirnschlag ein Notfall.

 

Rund 16'000 Schlaganfälle ereignen sich jedes Jahr in der Schweiz. Noch immer ist der Hirnschlag eine der häufigsten Todesursachen. Überlebende habe zeitlebens mit weitreichenden Folgen und oft erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität zu kämpfen. Erkennen typischer Symptome und schnelles Handeln sind entscheidend für die Prognose, denn je früher einem Schlaganfallpatienten fachgerecht geholfen wird, desto mehr Hirngewebe kann gerettet werden. Durch geeignete Erste-Hilfe-Massnahmen und sofortiges Alarmieren des Rettungsdienstes können wertvolle Minuten gewonnen werden.

 

Ganz wichtig: Jeder Schlaganfall ist ein Notfall, so wie ein Herzinfarkt. Jede Minute zählt.

In ca. 85 Prozent der Fälle liegt die Ursache des Schlaganfalls in einer akuten Durchblutungsstörung eines hirnversorgenden Gefässes. Auch wenn die Blutgerinnsel oft nur wenige Millimeter gross sind, können sie zu schweren körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen führen und sind häufig der Grund für die hohe Sterblichkeit von Schlaganfallpatienten. Ziel aller Bemühungen in der Akutphase der Schlaganfallversorgung ist es daher. Den weiteren Unterhang von Hirngewebe durch Sauerstoff- und Nährstoffmangel aufzuhalten, und wo möglich die Hirndurchblutung durch Beseitigung oder Auflösung des Blutgerinnsels wieder herzustellen. Bei etwa 15 Prozent aller Schlaganfallpatienten ist keine Durchblutungsstörung des Gehirns, sondern eine Hirnblutung die Ursache der neurologischen Ausfälle. Dabei reisst eines der Hirngefässe und Blut tritt in das umliegende Gehirngewebe aus, sodass die nachfolgenden Gebiete nicht mehr richtig durchblutet werden. Da unser Gehirn konstant auf Blut zur Sauerstoff- und Nährstoffversorgung angewiesen ist, stört ein Mangel bereits nach kürzester Zeit die Funktion der Nervenzellen im betroffenen Hirnareal. Wie dramatisch ein Schlaganfall verläuft, hängt somit von der Dauer der Unterversorgung sowie vom Umfang und von der Lage des betroffenen Bereiches ab. Die Behandlung der Hirnblutung unterscheidet sich fundamental von jener eines ischämischen Schlaganfalls, der Effekt einer spezialisierten Stroke-Unit/Center-Behandlung ist aber auch für diese Schlaganfälle eindrücklich.

Es gibt eine Reihe von Ursachen, die zu einem akuten Gefässverschluss führen können. In ca. 30 Prozent entsteht ein Blutgerinnsel durch eine Herzrhythmusstörung, sogenanntes Vorhofflimmern. Durch die nicht mehr rhythmische und gleichmässige Kontraktionen des Herzmuskels kommt es zur Bildung von Blutgerinnseln, die über die Blutgefässe in das Gehirn wandern und dort einen Gefässverschluss machen. Auch lokale Einengungen der hirnversorgenden Gefässe können zur Gerinnselbildung führen. Zudem ist Bluthochdruck für chronische Schädigungen der kleinsten Blutgefässe verantwortlich und kann, wenn auch eher kleinere Schlaganfälle im Marklager des Gehirns ausläsen. Wird die Hirndurchblutung schnell wieder hergestellt, kann sich das entsprechende Hirnareal erholen und seine Funktionen wieder aufnehmen.

Anzeichen sind plötzliche einseitige Lähmung, besonders im Arm und/oder Bein, im Gesichtsbereich oder einseitig herabhängender Mundwinkel. Sehstörungen, Sprechstörungen, verminderte Ausdrucksfähigkeit oder plötzlich auftretende Gleichgewichtsstörungen und Schwindel sowie Veränderungen der Bewusstseinslage deuten auf einen Schlaganfall hin. Schnelles Handeln ist jetzt erforderlich, die Alarmierung der Sanität sofort zu veranlassen.

 

Danach im Krankenhaus

Im Krankenhaus angekommen, liefern die Ergebnisse der klinisch-neurologischen Untersuchung erste Anhaltspunkte, welche Teile des Gehirns vom Schlaganfall betroffen sind und wie stark die Schädigung ist. Innerhalb von wenigen Minuten erfolgt dann eine Abbildung des Gehirns und seiner Gefässe mittels Computertomografie oder Magnetresonanztomografie. Die Unterscheidung zwischen Hirnblutung und einem ischämischen Schlaganfall ist nur mit Hilfe radiologischer Verfahren wie Computertomografie oder Magnetresonanztomografie möglich. Moderne Geräte erlauben in wenigen Minuten die Darstellung der grossen hirnversorgenden Arterien. Grösste Eile ist beim ischämischen Schlaganfall geboten, da Hirngewebe unter Umständen noch gerettet werden kann. Anhand der Befunde sowie einer Reihe von anderen Faktoren wird das weitere Behandlungskonzept festgelegt und die Möglichkeit einer systemischen Lysetherapie oder einer kathetergestützten Wiedereröffnung des Gefässes diskutiert. Bei akutem Verschluss einer hirnversorgenden Arterie stehen verschiedene Behandlungsoptionen zur Verfügung. Zum einen die systemische Lysetherapie, bei der versucht wird, mit Hilfe eines Medikamentes das verschlossene Gefäss wieder durchgängig zu machen. Bei diesem Verfahren wird ein Katheter in die Leistenarterie eingebracht und bis vor den Verschluss der hirnversorgenden Arterie vorgeschoben. Mit Hilfe eines speziellen Aufsatzes kann dann versucht werden, das Blutgerinnsel aus dem Gefäss zu lösen und den Blutfluss wieder herzustellen. Grundsätzlich gilt, je schneller diese beiden Verfahren angewendet werden können, umso günstiger ist die Prognose für den Patienten.

Komplikationen eines Schlaganfalls möglichst zu vermeiden, Behandlung der Ausfallerscheinungen, Ursachensuche und Verbesserung der Lebensqualität sind Aufgaben einer interdisziplinären neurologischen Behandlungseinheit, sogenannter Stroke Unit/Centers. Sie verbinden alle in der Akutversorgung wichtigen ärztlichen Disziplinen sowie pflegerische, therapeutische und sozialdienstliche Kompetenzen mit dem Ziel einer bestmöglichen Behandlung und Prognoseverbesserung. Erkennung und Behandlung der neurovaskulären Risikofaktoren zur optimalen Massnahmen. Alter oder manche genetischen Risiken lassen sich zwar nicht beeinflussen, daneben gibt es aber eine Reihe von Risikofaktoren, die aktiv behandelt werden können. Zu den wichtigsten zählen Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes, Bewegungsmangel, übermässiger Alkoholkonsum und Rauchen. Liegt Vorhofflimmern vor, muss eine wirksame Blutverdünnung eingeleitet werden. Durch Behandlung und Korrektur der Risikofaktoren und durch einen gesunden Lebensstil lässt sich das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, deutlich senken.

Die Rehabilitation ermöglicht neben einem intensivierten therapeutischen Angebot auch die Optimierung der neurovaskulären Risikofaktoren und eine schrittwese Wiedereingliederung des Patienten ins Berufs- und Privatleben. Die Herausforderung moderner Schlaganfallbehandlung besteht heute aufgrund der unterschiedlichen und individuell anzupassenden Behandlungskonzepte in der engen Vernetzung alles Fachdisziplinen über die Akutbehandlung im Notfall und Stroke Unit bis hin zur hausärztlichen und fachärztlichen Nachsorge kann die Versorgungqualität nur durch eine enge Zusammenarbeit und Optimierung der Schnittstellen auf hohem Niveau gehalten werden.

 

Magazin Sprechstunde Doktor Stutz Nr. 3/2019

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